Kuschelsieg gegen Köln Mülheim

19.11 2021 Germania Krefeld setzt sich mit 10:39 souverän gegen Köln Mülheim durch

von Alex Jodas

Dieses mal war es ein geradezu gemütlicher Kampf für die Krefelder Gäste. Im Gegensatz zu den beiden letzten Kämpfen in Walheim oder in der Vorwoche gegen Essen, die wahre Nervenkriege waren. Die eng verloren oder gewonnen wurden und in denen es bisweilen recht hitzig zuging. Auch danach ging es im Internet heftig weiter. Es wurde gestritten, böse Worte sind gefallen.

Ich musste für meine Berichterstattung heftigste Kritik im Netz einstecken. Ich würde hetzen und sogar Hassbotschaften verbreiten. Wenn ich über das Ziel hinausgeschossen bin, dann tut es mir leid, dann bitte ich, dass zu entschuldigen.

Damit die zart besaiteten Naturen, die diese Berichterstattung so heftig kritisierten, nicht weiter Anstoß nehmen müssen, schreibe ich die heutige Reportage besonders sanft. Es wird auf gewisse Weise eine vorweihnachtlich wattierte Version. Piep, piep, piep, heute haben wir uns alle lieb!

So, nun zu den Kämpfen, oh hoppla, ich meine natürlich, zu den friedfertigen Begegnungen:

In der 57 Kilo Klasse hatte der jugendliche Abakar Mekhtiev von Krefeld gegen Tamim Hashimy keine Chance. Noch in der ersten Minute wird er geschultert.

Im Schwergewicht sehen wir zwischen dem Krefelder Suleiman Alikhanov gegen Mjachdin Matajev einen Kampf, der Anfangs noch halbwegs auf Augenhöhe verläuft. Matajev scheint Griechisch Römisch Kämpfer zu sein, er versucht den Krefelder oben zu binden. Suleiman lässt sich darauf ein und versucht den Kopfhüftzug. Es ist, wie gesagt, nur ein Versuch, der Kampfrichter gibt zum Glück dem Mülheimer keine zwei Punkte für die Hintermannposition, denn es ist ein abgerutschter Griff. Dann endlich besinnt sich der Krefelder seiner Stärken: Er zieht den Doppelbeinangriff und knallt, Pardon, er befördert seinen Gegner auf den Rücken. Dann geht alles ganz schnell, Matajev hat nicht die beste Brücke, und so wird er geschultert. Wir klatschen Beifall und rufen verzückt „Vortrefflich“oder „Welch ein vorzüglicher Griff“. Denn, wie jeder in der Region weiß und bestätigen kann, sind wir kultivierte Fans, die sich zu benehmen wissen. Aber Emotionen müssen nun mal sein!

Im 61 Kilo Kampf ringt für Krefeld Abdul-Malik Magomadov gegen Abdul-Malik Zubairaev. Nach seiner Meinung sei der Krefelder ein Freistilkämpfer. Dennoch hatte er eine bärenstarke Hinrunde, obgleich er Griechisch Römisch kämpfen musste. Und auch bei dieser Begegnung kann man in jeder Situation erkennen, das Malik lieber oberhalb der Gürtellinie kämpfen möchte, obwohl es ein Freistilkampf ist. Er kann eine Kopfschleuder ziehen und führt mit 0:2. Doch seine Griechisch Römisch Versuche gehen nicht weiter gut, er wird von seinem Gegner in einer Aktion abgefangen und geschultert.

Ist aber egal, weil der Kölner Übergewicht hat. Die fünf Punkte gehen also an Krefeld.

Im Halbschwergewicht kämpft Jure Cubelic gegen Enes Bozan. In den letzten zwei Kämpfen der Oberliga hatte Jure das Pech, gegen die stärksten Leute der Liga antreten zu müssen. Heute endlich kann er seine Klasse präsentieren. Im Stand ist der Krefelder drückend überlegen, Enes Bozan geht nur rückwärts und mauert. Klar, dass er wegen Passivität auf den Boden muss. Bozan kann sich winden und wehren wie er will. Cubelic hebt ihn fachmännisch aus, das macht er ganz professionell, auch wenn er erst wenige Jahre diesen Sport ausübt. Endlich hat er auch mal einen Gegner, der nicht so viel schwerer ist als Jure selbst.

Der Krefelder hält seinen Gegner in den Armen, doch der Mülheimer kann sich drehen. Es sieht aus, als würde der Bräutigam seine frisch geheiratete Gattin über die Schwelle tragen wollen. Doch was dann folgt ist nicht mehr so lieb, und diesen Part möchten die zart besaiteten Leser dann bitte überspringen, denn Jure donnert seinen Gegner vorne herum auf den Rücken, das die Matte nur so bebt und es den Staub aus den Fugen treibt. Jure hält seinen Gegner in dieser Lage fest. Der Mülheimer ist ganz konsterniert ob seiner misslichen Situation, doch da ist nicht zu machen, er wird geschultert! Die Krefelder huldigen ihren Kämpfer mit stehenden Ovationen. Chapeau für diese exzellente Leistung!

Im 66 Kilo Kampf steht für Krefeld mit Abdul Malik Abara ein ganz neuer Ringer auf der Matte, er ist gerade 16 Jahre alt und macht den Sport erst seit einem halben Jahr, ist also blutiger Anfänger. Aber er ist ein ungeschliffener Juwel, ein Mann, der sich instinktiv richtig bewegt, wie Trainer van Berkum mir erklärt. Doch in dieser Begegnung heute Abend hat er keine Chance, gegen Murad Akmurzaev wird er gleich bei der ersten Aktion geschultert.

In dem Frauenkampf hat Lina Sue Odendahl wieder keine Gegnerin, das sind weitere zwei Punkte als Geschenk.

Vor der Pause steht es schon 10:17, eine klare Sache ist das heute, zumal Krefeld in der zweiten Halbzeit stärker aufgestellt ist. Wir müssen uns also keine Sorgen machen.

In der 86 Kiloklasse hat Ben Haeffner einen Gegner, an dem er sich vor zwei Jahren fast die Zähne ausgebissen hatte. Karim Masaev ist ein ganz zäher Bursche, der bei seiner letzten Begegnung mit dem Krefelder fast jede Aktion verhindern konnte.

Doch heute knackt Ben diese harte Nuss. Nur er gibt den Ton an in dem Kampf, er kommt dieses Mal durch mit seinen Beinangriffen. In der zweiten Minute wird Haeffner Hintermann und greift sogleich die Beinschraube. Jetzt purzeln gleich mehrere Zweier Wertungen in Folge. Wie Krefelder honorieren dies mit einem Szenenapplaus.

In der fünften Minute macht Ben dann alles klar: Er gewinnt technisch Überlegen.

Als nächstes kommt die 71 Kilo Klasse mit Jakub Marchlewski, der Mann, der neben Nikolai van Berkum als einziger noch die weiße Weste des unbesiegten hat. In der Rückrunde steht er allerdings schlechter da, denn er muss hier Freistil ringen. Das liegt ihm nicht so gut, das kann man an den Aktionen gut erkennen. Er ist stets in Not, er muss sich den Beinangriffen von Malik Eliseev erwehren. Doch Marchlewski kann auch in diesem Beine-orientierten Stil gut improvisieren. Immer wieder windet er sich aus den Attacken des Mülheimer heraus und kann letztendlich die Punkte für sich gewinnen. Es muss deprimierend sein für Malik Eliseev, der eigentlich überlegen erscheint, er kann seine Dominanz aber nicht auf dem Papier verbuchen. So geht es weiter mit den Angriffen des Mülheimers, der es weiter tapfer versucht. Aber Marchlewski bringt ihn an den Rande der Verzweiflung, immer wieder kann er am Ende doch noch die Hintermann Position für sich erringen.

In einer Aktion hat Eliseev das Bein des Krefelders in seinen Armen, es scheint nur noch eine Formalität zu sein, das der Krefelder gleich kippt. Doch Jakub hatte heute noch bei Youtube eine Abwehr gesehen, die in diesem Fall anzuwenden wäre. Mit dieser theoretischen Kenntnis gewappnet versucht der Krefelder, diese Technik umzusetzen. Er greift den Fuß des Mülheimers, springt zur Seite und zieht am Fuß, während er gleichzeitig sein Bein nach oben schert. Eine äußerst effektive Abwehr, denn der Kölner landet auf dem Rücken. Und nicht nur das, Jakub kann ihn auch noch Schultern! Mann, wie geil ist das denn? Wir Krefelder Fans sind ganz aus dem Häuschen und brüllen unsere Freude in die Kölner Nacht, das ist ja wie in der Vorwoche, wo unser 71 Kilo Mann mit so einer Aktion den Mannschaftskampf gegen Essen zu kippen drohte!

Entschuldigung, ich muss mich zügeln, wir hatten natürlich nicht gebrüllt, es war nur ein jauchzen und ein frohlocken, das unseren beschwingten Kehlen entsprang, wie gesagt, ich will hier keinen mit meiner rüpelhafter Schreibweise echauffieren.

In der 80 Kilo Klasse macht es Tim Stoll heute auch kurz. Sein jugendlicher Gegner Deni Hungaev muss noch in der ersten Minute wegen Passivität auf den Boden. Stoll dreht seinen Gegner durch. Nicht nur ein-zwei Mal, nein, gleich viele Male muss der Mühlheimer die Rollen über sich ergehen lassen, es geht zu wie in einer Wachmaschine, im Schleudergang wirbelt ihn der Krefelder auf dem Boden und paniert ihn von allen Seiten mit dem Mattenstaub.

Das bedeutet die technische Überlegenheit in der ersten Minute, das sind weiter vier Punkte für Krefeld zum 10:30 für die Gäste. Der Mannschaftskampf ist also für die Krefelder schon gewonnen, da können die nächsten Kölner Kämpfer sich anstrengen wie sie wollen.

Es bleiben noch die beiden 75 Kilo Kämpfe. Im Freistil kämpft Philipp Haeffner für Krefeld gegen Mahmut Akbulut. Die beiden waren schon beim Hinkampf aufeinandergetroffen, hier hatte der Kölner noch zwei Punkte mit einer Kopfrolle erkämpft, war aber letztendlich technisch unterlegen. Heute jedoch macht Philipp überhaupt keinen Fehler. Die Sache ist schnell beendet, in der dritten Minute gewinnt er technisch Überlegen.

Auch Nikolai van Berkum macht es kurz und schmerzlos. Noch in der ersten Minute hebt er seinen Gegner verkehrt herum aus der Bodenlage aus, um ihn gleich darauf wieder niederzuwerfen. Senkrecht wie ein Geschoss landet sein Gegner auf dem Boden. Es sieht halsbrecherisch aus, zum Glück sind die Matten weich und der Ringernacken stabil. Van Berkum lässt seinen Gegner nicht los und fixiert ihn auf der Schulter: Schultersieg nach einer Minute!

Das war eine kurze Geschichte heute, jeder Kampf wurde vorzeitig beendet. Es gab sieben Schulterniederlage und drei technisch überlegene Siege.

Daher ist der Mannschaftskampf schon nach einer Dreiviertelstunde beendet. Auch nicht schlecht, kommt man eben früher ins Bett. Oder man kann, ganz nach Bedarf, früher auf die Piste.