Germania Krefeld gegen Köln Mülheim 20:18

3.10.2022: Glücklicher Sensationssieg

Die Krefelder schlagen sensationell den Tabellenführer! Jetzt meldet sich Krefeld nach der Schlappe gegen Landgraaf zwei Tage zuvor wieder eindrucksvoll zurück.Keiner hatte heute mit einem Sieg gerechnet. Denn die Kölner haben bisher noch keinen Kampf verloren, dem Papierformat nach hätte Krefeld heute keine Chance. Aber das ist die Theorie, die hilft einem bei dem Ringern auch nicht weiter, die Wahrheit finden wir auf der Matte. Der Start der ersten beiden Gewichtsklassen ist gleich ein Flop: Leyan Can Colak verliert in der 57 Kilo Klasse den Auftaktkampf 0:12 nach Punkten, Nigel Weber verliert im Schwergewicht technisch unterlegen. Aber der Schultersieg von Abdul-Malik Magomadov in der 61 Kilo Klasse lässt die Krefelder wieder ran kommen. Da die Kölner in der 98 Kiloklasse keinen Kämpfer stellen, kehren sich die Vorzeichen um. Plötzlich führt Krefeld mit 10:7 in der Mannschaftswertung. Ein Schock, als Dmytro Kornilov in der 66 Kilo Klasse geschultert wird. Denn der Neu-Krefelder hat bis zu diesem Zeitpunkt auf Augenhöhe gegen Abdullah Sulejmanov gekämpft, es blieben nur noch 15 Sekunden bis zum Kampfende.

Ausgerechnet vor der Pause erhalten die Krefelder so einen Dämpfer. Das ist die bittere Seite des Ringens, die Stimmung ist dementsprechend, denn wir wissen, heute können wir uns nicht so eine Schlappe leisten.Nach der Pause geht es weiter in einen sehr spannungsarmen Kampf in 86 Kilo, in dem der Krefelder Waldemar Schäfer zu keinem Zeitpunkt des Kampfes gefährdet ist und den er sicher 4:0 nach Punkten gewinnt. Bei beide Frauenkämpfen gibt es Niedrlagen, in 54 Kilo verliert Lina Sue Odendahl 0:9 nach Punkten, Levinay Colak verliert gegen die deutsche Meisterin Alisha Sevim Yavuz 5:14. Die Krefelderin kann in der ersten Runde gegen die deutsche Meisterin noch voll mithalten, man kann keinen Klassenunterschied ausmachen. Es steht 3:4 bis zur Pause, alles ist noch offen. Doch Levinay kann das Tempo nicht durchstehen, sie bricht konditionell ein. Kein Wunder, schließlich musste sie ein Jahr verletzt aussetzen.

Der härteste Kampf des Abends ist eindeutig der 71 Kilo Kampf zwischen Amer Bolakhrif für Krefeld und Famil Hiulmamedov. Der Kölner geht von der ersten Sekunde an ein irrsinniges Tempo an, Amer wird buchstäblich überrollt. Ihm bleibt nur noch der Rückwärtsgang. Er muss mehrfach die Matte verlassen, um Griffe zu verhindern. So habe ich unsere Athleten noch nie in Not gesehen, schließlich gehört er in der Oberliga mit zu den stärksten Griechisch Römisch Kämpfern. Wo haben die Kölner nur diesen Mann her, ich recherchiere kurz im Internet: Aha, Famil Hiulmamedov ist ukrainischer Nationalringer, das erklärt einiges. Hiulmamedov schubst Amer ein paar Mal am Mattenrand heraus, so heftig, er landet in den vorderen Publikumsrängen. Es werden Kopfstöße verteilt, es wird sich nichts geschenkt. Bis kurz vor der Pause steht es 2:11 für den Kölner, alle stellen sich auf eine technische Überlegenheit ein. Als der Kölner Bolakhrif ein weiteres Mal schubst, gerät der Krefelder außer Kontrolle. Denn der Kölner schreit Amer dabei noch an. Der Krefelder ist dermaßen außer sich, so habe ich ihn noch nie erlebt. Dann gibt es einen körperlichen Übergriff. Hier gehe ich aus gegebenen Anlass nicht ins Detail. Der Kampfrichter zieht die rote Karte. Klar, Amer wird disqualifiziert. Das war es für uns, denken wir uns, das war es mit dem Mannschaftskampf für Krefeld heute, der ist verloren, wie schon am Samstag, jetzt können wir einen möglichen Sieg vergessen, gute Nacht! Doch dann gibt der Hallensprecher durch, das auch Hiulmamedov eine rote Karte erhalten hat. Ich frage mich, was das für die Mannschaftswertung bedeutet und schaue auf die Anzeigetafel: Tatsächlich, dieser Kampf wird nicht gewertet, als ob es ihn gar nicht gegeben hätte. Das ist letztendlich ein unverschämtes Glück für Krefeld.

Im folgenden 80 Kilo Kampf von Ben Haeffner für Krefeld die Stimmung ausgelassen. Gegen Nikolay Nikolaev Zhelev lässt er keinen Zweifel an den Kräfteverhältnissen auf der Matte aufkommen. Bei diesem Kampf kann man sich entspannt zurücklehnen, bei dem all inclusive Programm von Ben Haeffner. Er walkt seinen Gegner nach alter Haeffner Manier kräftig durch. Es wird pausenlos gewirbelt, geworfen, gefegt und am Boden mitunter sogar geschraubt. Die Beine hochlegen könnte man und sorglos sein Bierchen weiter trinken. Das war in einigen anderen Kämpfen zuvor nicht möglich, hier sieht man schnell, da kann nichts anbrennen für Krefeld. Aus der sicheren Komfortzone des Zuschauerraums heraus können wir live dabei zuschauen, wie der Kölner nach allen Regeln der Kunst demontiert wird. Das gefällt dem Publikum natürlich, da kommt Freude auf.Leider geht diese Zeit recht schnell vorbei, die technische Überlegenheit von Ben fällt noch in der ersten Halbzeit.

Jetzt führen die Krefelder um einen Punkt 18:17. Das sieht nicht schlecht aus. Aber Montag hatten wir zu diesem Zeitpunkt einen ähnlichen Punktestand, da reichte es aber nicht zum Mannschaftssieg. Und wir wissen nicht, ob die Kölner noch ein paar unangenehme Überraschungen parat haben. Und siehe da, Philipp Haeffner bekommt als Gegner Sakhil Hiulmamedov in der 75 Kilo Freistil Klasse. Wir können davon ausgehen, das es der Bruder des ukrainischen Nationalringers ist, einerseits wegen des identischen Nachnamens, anderseits auch wegen der Ähnlichkeiten im Gesicht. Wir können nur hoffen, das er nicht das internationale Klasseformat seines Bruders hat. Schon in den ersten Sekunden ist es zu befürchten, denn er überrascht Philipp mit einem Beinangriff. Jetzt ist wieder Schluss mit dem entspanntem Chillen beim Zuschauen, jetzt ist nervöses Fingenägelknabbern angesagt. Hoffentlich gerät Philipp nicht unter die Räder, wie soeben Amer. Die Spannung in der Halle kann man förmlich riechen. Philipp kann zum Glück mithalten, er holt auf. Er kämpft sehr beherzt, auf jeden Angriff reagiert er hellwach und kann teilweise überraschend kontern, das macht Freude beim Zusehen. Bis zur vierten Minute führt der Krefelder. Wir trauen uns kaum, laut zu jubeln, wir haben Angst vor bösen Überraschungen. Wir wollen es nicht heraufbeschwören. Und siehe da, kurz vor Ende verliert Philipp noch einen Punkt und liegt hinten in der Wertung. Das bleibt der Endstand, 6:7 verliert Philipp denkbar knapp. Das ist nicht schlimm, das gibt nur einen Punkt für Köln, es steht also 18:18 unentschieden für die Mannschaften.

Die Entscheidung fällt also wieder auf den letzten Kampf, Nikolai van Berkum für Krefeld gegen Radu Placinta in 75 Kilo Griechisch Römisch. Die Spannung steigt. Die Luft ist zum zerbersten gespannt, puh, hier findet man keine Ruhe. Für Herzkranke sind solche Abende nicht zu empfehlen, zu viel Stress für empfindliche Menschen. Wir wissen auch in diesem Falle nicht, mit was für einen Kämpfer wir es auf der Gegenseite zu tun haben. Die Statistik zeigt, er ist bisher unbesiegt in der Oberliga. Aber das ist Nikolai auch, also können wir noch hoffen. Es ist kein schöner Kampf, den wir hier sehen. Keiner will etwas riskieren, zu viel steht auf dem Spiel. Schön an diesem Kampf ist vor allem, das Nikolai in jeder Situation die Oberhand behält. Er gewinnt 10:3 nach Punkten! Und jetzt steht die Halle Kopf, jetzt darf der Jubel raus, nun ist es amtlich, das kann man uns nicht mehr nehmen, der Mannschaftskampf ist gewonnen! Na bitte, es geht doch noch. Damit hatte keiner gerechnet, selbst die kühneren Optimisten nicht unter uns. Und nun liegt Krefeld wieder im Rennen, sie stehen tatsächlich nach der Hinrunde auf dem zweiten Platz der Liga punktegleich hinter Köln laut der Tabelle. Und es müsste sogar die Tabellenführung sein, weil der direkte Vergleich bei Punktegleichheit zählt. Aber die Tabellensituation ist eh nur eine Momentaufnahme, da es noch zwei Frauen Nachholkämpfe geben wird. Denn Nina Hemmer von Walheim konnte bei den Mannschaftskämpfen wegen der Weltmeisterschaften nicht antreten. Wenn sie die Nachholkämpfe gegen Köln und Krefeld deutlich gewinnen sollte, wovon auszugehen ist, werden beide Vereine ihren Kampf nachträglich noch verlieren. Die zweite Mannschaft verliert leider relativ knapp 29:35 gegen die Reservemannschaft von Merken. Die Krefelder konnten allerdings nur zwei Kämpfe gewinnen, die meisten Punkte für Krefeld wurden auf der Waage erkämpft. Gewonnen haben Ayoub Bolakhrif in 75 Kilo auf Schulter und Mahmoud Ramadan technisch Überlegen in der 98 Kilo Klasse.Am nächsten Samstag geht es wieder weiter mit dem nächsten Heimkampf, dann wird die Rückrunde gegen Aachen Walheim eingeleitet. Die zweite Mannschaft kämpft gegen Hückelhoven. Felbelstraße 24, ab 18 Uhr.