31.8.2019 Krefeld gegen Neuss: 10:25 Niederlage bei Hitzeschlacht in Krefeld

Eine hohe Niederlage, die man nach der ersten Halbzeit noch nicht so absehen konnte. Da führte nämlich Krefeld noch mit 10:8 nach drei gewonnenen Kämpfen. Doch das war es dann auch für die Seidenstädter, in der zweiten Halbzeit gingen alle Kämpfe an Neuss.

Es ist heiß am jenem Abend. Verdammt heiß. Tropisch heiß. Und in der Sauna, pardon, in der Halle, ist es noch schlimmer. Jeder hier dünstet seine eigene Hitze aus. Das macht es noch heißer. Es ist die Hölle! Wenn man sich nicht bewegt ist es schon eine Qual. Aber wie sieht es nur für die Ringer aus, die noch Schwerstarbeit zu leisten haben?

Da müssen die Kämpfer jetzt durch!

Es beginnt mit dem Leichtgewicht in der 57 Kiloklasse, hier steht Abdul-Malik Magomadov dem Neusser Albert Nakaev gegenüber. Wir setzen keine große Hoffnung auf unseren Mann, schließlich ist der Neusser deutscher Jugendmeister. Aber im Griechisch Römisch, und heute wird hier Freistil gekämpft.

Und unser Mann stellt sich geschickt an. Er nervt seinen Gegner mit Beinangriffen, die dem gar nicht zu gefallen scheinen. Und Malik holt direkt die ersten zwei Punkte mit einer Hintermann-Wertung. Na bitte, das fängt ja schon gut an, Szenenapplaus für diese Aktion. Denn wir denken, das war sicher nur ein Glücksgriff für unseren Mann. Aber weit gefehlt. Malik macht gleich mit einer Beischraube am Boden weiter. Nakaev hat noch Glück, das Malik ihn aus der Matten raus dreht, sonst hätten noch weitere Schrauben folgen können.

Und Magomadov macht weiter mit Beinattacken, so scheint er den Deutschen Meister knacken zu können. Und holt einer zweier Wertung nach der anderen.

Aber wird er sich noch abfangen lassen, wie es bei ihm sonst so oft schon auch bei deutlichen Führungen passiert ist?

Er scheint dieses Jahr aber technisch und körperlich ordentlich gereift zu sein. So vollbringt er die Sensation des Abends, es steht schon sage und schreibe 14:0 für ihn und er packt Nakaev erneut in der Bodenlage mit der Beinschraube. Aber am Boden lässt der Neusser sich diesmal nicht drehen. Dann versucht es Malik eben im Stand. Und dann sind sie da, die letzten zwei Punkte zur technischen Überlegenheit. Und der Jubel bricht aus den Fans heraus, hiermit hatte keine gerechnet, so kann es weitergehen.

Als nächstes steht der Krefelder Tolga Alkan im Schwergewicht gegen den Neusser Robert Talaska auf der Matte. Nachdem der bisherige Schwergewichtler Tim Focken seinen verdienten Rücktritt erklärt hat muss Mannschaftskapitän Jochen Haeffner in der Mannschafts- Kiste kramen. Mit Tolga Alkan hat er einen Schwergewichtler aufgestöbert, der schon lange bei Germania verweilt aber bisher in der ersten Mannschaft noch nicht zum Einsatz gekommen ist. Er ist heute ein Überraschungs- Ei, wir wissen nicht so recht, wo er von seiner Form her steht.

Wir sehen hier kein schönen Kampf, es ist ein hin und her Geschiebe und Gewürge, beiden Kämpfern fällt nichts besonderes ein. Aber der Neusser sieht passiver aus, und wir Fans machen die Kampfrichterin lautstark darauf Aufmerksam. Tolga erhält einen Punkt hierfür. Na bitte, hat sich das Geschreie also gelohnt. In der zweiten Halbzeit wird Tolga selbstbewusster und traut sich mehr. Beim Kampf am Mattenrand stürzt er seinen Gegner über: Satte vier Punkte sind das für unseren Mann was mit ordentlich Jubel unserseits gefeiert wird. Und Tolga lässt nichts anbrennen, er holt noch ein paar Punkte indem er seinen Gegner raus schiebt. Er gewinnt 9:1, ja wie schön ist das denn, das hatten wir hier unbedingt auch nicht auf dem Plan, es steht jetzt nach zwei gewonnen Kämpfen schon 7:0 für Krefeld.

Aber nach dem nächsten Kampf in der 61 Kiloklasse wird unsere Euphorie gedämpft. Hier muss unser stärkster Mann, Emil Gozalov gegen den dreifachen deutschen Jugendmeister und in der Nationalmannschaft kämpfenden Aaron Bellscheidt antreten. Das ist der hochklassigste Kampf des Abends. Bellscheidt setzt unseren Mann direkt stark unter Druck, indem er Emil aufzieht. In der Not zieht Emil ein Verlegenheits-Armzug. Der rutscht ab. Die Kampfrichterin lässt am Boden weiterkämpfen. Und hier besitzt der Neusser die Frechheit, unseren Mann auszuheben. Und obwohl Emil sich mit allen Mitteln dagegen wehrt, sich wegdreht und um die Hüfte seines Gegner greift, vollzieht Bellscheidt den Kraftakt und wirft Emil. Dieser fällt auf den Bauch, daher gibt es nur zwei Punkte.

Und so geht es weiter, der Neusser zeigt keine Schwäche. Nur in der vierten Minute wird es dann mal richtig spannend. Bellscheidt versucht ein weiteres Mal, unseren Mann überzustürzen. Aber diesmal fängt Emil ihn ab, der Neusser liegt in der gefährlichen Lage. Jetzt liegt die Sensation in der Luft, wird es hier gar noch ein Schultersieg geben? Aber die Kampfrichterin macht uns einen Strich durch die Rechnung und pfeift wegen angeblicher Beinarbeit von Gozalov ab. Empört schreie ich auf, was für eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, was ist das denn für eine Kampfrichterin? Aber dann werde ich kleinlauter, aus der Krefelder Fan-Ecke klärt man mich auf, das hier tatsächlich Beinarbeit vorlag. Das hatte Emil aber geschickt gemacht, ich konnte das nicht sehen. Und eine gute Leistung der Kampfrichterin.

Bellscheidt gewinnt diesen Kampf verdient technisch Überlegen. Hut ab vor dieser Leistung, auch wenn sie mir hier nicht schmecken mag.

Dann folgt wieder ein Sieg für Krefeld in der 98 Kiloklasse von Alex Wagner gegen Fatih Cinar. Er gewinnt sicher 9:0 nach Punkten, das sind drei Punkte für die Mannschaft.

In der 66 Kiloklasse hat Mert-Fatih Simsek mit Ayub Musaev einen weiteren hochdekorierten Weltklasse-Gegner. Der Neusser ist sage und schreibe dritter Europameister. Da ist es für den Krefelder beileibe keine Schande, dass er hier technisch Unterlegen verliert.

Und Simsek versteckt sich nicht bei diesem Kampf, weil man das ohnehin bei dieser Sportart ja nicht kann. In einer Situation erwischt er den dritten Europameister an den Beinen und kann ihn fast aus dem Gleichgewicht bringen. Es reicht zwar nicht ganz, aber alleine diese Aktion wird beim Publikum mit frenetischem Jubel belohnt.

Auch Muammed Zakir Tan verliert erwartungsgemäß gegen den Nationalringer von Neuss Julian Lejkin technisch unterlegen in der 86 Kiloklasse.

In der 71 Kilo Klasse hat auch Amer Bolakhrif mit Deni Nakaev eine ganz harte Nuss als Gegner. Der Neusser ist viermaliger deutsche Jugendmeister und zweiter der Olympischen Jugendspiele geworden.

Aber Amer kämpft heute vorzüglich, man kann hier keinen Klassenunterschied erkennen, es ist ein Kampf auf Augenhöhe. Nur weil der Krefelder mit einem Überstürzer, der abgefangen wird, zu viel riskiert, kann Nakaev die Punkte erzielen. Später wird Bolakhrif noch Hintermann, erhält aber keine Punkte, weil sich der Neusser doch noch rauswinden kann. So verliert Amer knapp 0:6 nach Punkten. Eine beachtliche Leistung gegen diesen weiteren Weltklasse Athleten.

In der 80 Kiloklasse muss Dieter Tschierschke für den verletzten Philipp Haeffner einspringen. Er verliert knapp 0:7 gegen den Neusser Mikalai Savenka nach Punkten.

Im folgenden 75 Kilo Freistil sehen wir einen hochklassigen Kampf von Ben Haeffner für Krefeld gegen Lom-Ali Eskijev. Aber der seit Jahren ungeschlagene Eskijev ist heute noch stärker als der jugendliche Krefelder. Und ich betone hier das Wort „noch“, denn der Krefelder ist enorm stark im kommen. Und auch wenn Ben diesem Kampf hier technisch unterlegen verliert wird da wohl nicht das letzte Wörtchen gesprochen sein. Denn der Krefelder ist jung, enorm ehrgeizig und hat unglaublich viel Talent.

Der letzte Kampf des Abend verläuft tragisch. Hier kugelt sich der Krefelder Ayoub Bolakhrif scheinbar die Schulter aus. Er kann natürlich nicht weiterkämpfen und gibt sofort auf.

Auch wenn Krefeld an diesem Abend hier recht deutlich verliert ist diese Saisoneröffnung wieder eine tolle Werbung für den Ringersport mit Gänsehautmomenten und vorzüglicher Stimmung in randvoller Halle. Selbst bei den Kämpfen, bei denen die Krefelder chancenlos waren, wurde tosend angefeuert. Bei absolut friedlicher Stimmung.