2.11.2019

Germania Krefeld gegen Hürth 31:14
Muhammed Alkan kämpft mit Frisur. Und gewinnt!

Wir sehen heute einen klaren Pflichtsieg für Krefeld ohne nennenswerte Überraschungen. Das war heute ein Kellerduell des vorletzten gegen den letzten der Oberliga. Zwei „Gurkentruppen“ treffen an diesem Abend aufeinander. Beide Mannschaften pfeifen zu diesem Zeitpunkt aus dem letzten Loch, Krefeld konnte keinen 57 Kilo Kämpfer aufbieten, ansonsten müssen gleich vier Ersatzleute gestellt werden. Bei Hürth sieht es noch schlechter aus, so geben gleich zwei Ringer ihren Kampf auf, einer hat Übergewicht.

Aber alles der Reihe nach.
Der Kampfabend beginnt mit einem besonderen Schmankerl: Es soll eine Breakdance Show geboten werden. Angekündigt wurde „Weltklasse Breakdance“ mit Keanu Bots. Hat da die Werbung eventuell ein wenig übertrieben? Egal, die Halle ist heute wieder rappelvoll.

Wie machen die Krefelder das nur, sie verlieren fast alle Kämpfe und trotzdem ist die Stimmung immer formidabel und die Zuschauer strömen in Scharen zur Matte. Ist das Trotz? Ist das bedingungslose Zuneigung zur Mannschaft? Oder leiden die Fans unter Realitätsverweigerung?

Auch heute ist die Atmosphäre wieder vorzüglich. Die beiden Breakdancer Brüder Keanu und Jaden Botz fangen erstmal gemütlich an, bewegen sich lässig zu der Musik gehend hin und her über die Matte. Na super denke ich mir, das soll Weltklasse Breakdance sein? Ich will Akrobatik sehen! Dann legen die beiden langsam los mit Tanz. Aber immer noch sparsam, ein synchrones „Ballett“ bekommen wir zu sehen. Alles noch gesittet, man will mehr, wir wollen die beiden auf dem Boden wälzen sehen. Und dann geben die beiden uns Futter, sie fangen langsam an mit ihren Rotationen am Boden. Das sieht noch ein wenig holperig aus, nicht so richtig rund. Ich denke mal, das ist dem Bodenbelag geschuldet, sie tanzen auf der Ringermatte. Die ist für schnelle Drehungen scheinbar zu stumpf. Doch dann zeigen uns die beiden ihre wahre Klasse, und jetzt fangen die Zuschauer vor Begeisterung an zu kreischen. Keanu dreht auf dem Bauch seine Kreise, fast ohne den Boden zu berühren, nur mit den Händen stützt er sich ab. Wow, das möchte ich auch können. Und dann geht das Kreisen in der Armstütze weiter, mit flankierenden Beinen wie ein Pferd-Turner. Auch hier sind die Drehungen so schnell, das man meint, er hebt gleich ab. Jetzt flippt das Publikum endgültig aus! Und zum Abschluss verlassen die beiden mit einer Radwende und Salto Rückwärts die Matte! Geil, geil geil!

So, das war es mit dem Breakdance, jetzt ist Schluss mit lustig, jetzt kommen wir zum Ringen.

Der 80 Kilo Kampf wird vorgezogen, hier muss der eigentlich schon „ausgemusterte“ Kämpfer Vitali Jeschke gegen den Hürther Semih Isikkan ran. Er fährt einen soliden 4:0 Punktesieg nach Hause.

In der 57 Kiloklasse stellen die Krefelder keinen Kämpfer und verschenken somit fünf Punkte.

Im Schwergewicht gibt der Hürther Florian Ostwald gegen Nigel Weber gleich auf. Hat er Angst vor den fast 40 Kilo mehr an Fleischmasse, die unser Kämpfer aufbringt?

In der 61 Kilo Klasse steht für Krefeld Emil Gozalov gegen Asadula Karimov auf der Matte. Emil ist seit einer Woche krank. So hat er in der ersten Halbzeit Probleme, mit seinen Beinangriffen durchzukommen. In der zweiten Halbzeit macht er dann mit Durchdrehen alles klar. Hier wirbelt er seinen Gegner gleich viermal durch und gewinnt technisch Überlegen. Aber der Kampf war sowieso gewonnen. Denn denn der Hürther hatte Übergewicht.

In der 98 Kilo Klasse sehen wir Tolga Alkan gegen Batuhan Koca für Hürth. Tolga ist hier nicht nur körperlich überlegen. Er muss für seine Gewichtsklasse drei Kilo abtrainieren, sein Gegner wiegt lediglich 84 Kilo. Auch technisch ist hier der Krefelder stärker. Mehrfach kann er einen Armschulterzug bei seinem Gegner ziehen. Aber die sind nicht besonders sauber und eng. Dennoch punktet er hierbei. Als der Hürther wegen Passivität auf dem Boden geschickt wird, versucht Tolga einen Durchdreher. Aber er greift nicht eng genug. Trotz seiner körperlichen Überlegenheit schafft er den Durchdreher nicht. Hier hat der Krefelder scheinbar nicht seine Hausaufgaben gemacht, da ist noch viel Luft nach oben drin.
Dann, bei einem Gerangel am Mattenrand, versucht der Hürther Tolga raus zuschieben. Hier nutzt der Krefelder den Druck und dreht sich ein. Er zieht er einen blitzblauen Armschulterzug, der Gegner landet platt auf den Rücken. Das ist eine klare „Vier“. Da gibt es für das Publikum was zu jubeln, das war wunderschön, das will man sehen! In der sechsten Minute dann, Tolga hat den Kampf schon technisch Überlegen gewonnen, setzt der Krefelder dem Kampf noch das Sahnehäubchen auf: Er schultet seinen Gegner!

Es steht jetzt zur Pause17:5 für Krefeld, das sieht komfortabel aus. Schauen wir mal, ob es weiter so gut läuft.

Weiter geht es in der 66 Kilo Klasse mit Abdul-Malik Magomadov. Der junge Krefelder wurde bislang immer in der 57 Kiloklasse eingesetzt, schafft das Gewicht aber nicht mehr. So wurde er aus Verlegenheit in die höhere Klasse berufen, da der eigentliche Mann hierfür, Amer Bolakhrif heute verhindert ist. Für diese Gewichtsklasse wiederum ist Malik viel zu leicht. So verliert er technisch unterlegen.

Es steht jetzt nur noch 17:9 für Krefeld. Es ist also noch nicht alles entschieden.

Dann kommt der 86 Kilo Kampf mit Jure Cubelic gegen den Hürther Serhat Apaydin. Zum Auftakt greift der Hürther mit einem Beinangriff außen an. Jure kennt sich mit der Beinabwehr nicht so recht aus, schließlich ist er noch Anfänger. Aber intuitiv macht er es richtig, er belastet mit seinem Oberkörper den Gegner und macht es ihm schwer. Und verhindert erfolgreich, das der Gegner punktet. Als nächstes wird Jure Hintermann. Und setzt zum Durchdreher an. Das konnte er bisher nicht gut genug, kommt er dieses mal damit durch? Man kann unseren Mann live beim lernen und besser werden zusehen, man sieht von Mal zu Mal seine Fortschritte. So schafft er ihn dieses mal, den Durchdreher. Und noch einen. Und noch einen! Jeder hiervon wird frenetisch bejubelt.

Dann stehen sich die beiden gegenüber, Jure klammert den Kopf von Apaydin. Will er den Kopfdurchdreher wagen? Hierbei wurde er vor zwei Wochen gegen den Walheimer Marco Kreutz abgefangen und geschultert. Hoffentlich verbockt er es heute nicht wieder? Aber, wie gesagt, man kann die Entwicklung bei unserem Mann direkt erkennen, das sieht alles sauber und eng aus was Jure hier vollzieht. Er schafft den riskanten Kopfdurchdreher. Und gleich noch einen. Und jetzt scheint der Widerstand des Hürthers gebrochen zu sein, es sieht fast so aus, als wolle er mitrollen. Und Jure und rollt und rollt: Das ist die technische Überlegenheit noch in der zweiten Minute!

Es steht jetzt 21:9 für Krefeld, ja kann da noch was anbrennen?

Dann schafft es auch noch der Krefelder Muhammed Alkan seinen Gegner Saidazam Karimovin der 71 Kilo Klasse zu schultern. Der schwerste Gegner von Muhammed in diesem Kampf ist wohl seine eigene Frisur. Seine langen Haare sind zu Beginn des Kampfes noch zu einem Zopf zusammengebunden. Im Verlauf des Gefechtes ist die Haarpracht dann ein wenig derangiert. Er sieht sehr wild aus, ein wenig wie ein urzeitliches Tier mit rotem Trikot, das hier kämpft. Die Haare hängen ihm wie eine Gardine vor den Augen. Egal, dann wird eben blind weitergekämpft. Das dies möglich ist zeigt er uns hier auf eindrucksvolle Art und Weise. Ohne zu sehen, was er tut zieht er hier sogar zwei wunderschöne Gepäckträger. Und: Er holt fünf Punkte für Krefeld!

Jetzt steht es schon 26:10 für Krefeld, das war es für Hürth, da ist nichts mehr zu machen, sie haben zwei Kämpfe vor Schluss schon verloren.

Bei dem nächsten Kampf in 75 Kilo Griechisch Römisch schultert der stärkste Hürther Kämpfer Saeid Esmaeili Fini den Krefelder Anton Sattler . In der 75 Kilo Freistil Klasse gibt der Gegner von Ben Haeffner, der Hürther Babak Soleymanifar seinen Kampf gleich auf. Nun ist der Kampf heute für Krefeld gewonnen.

Somit ist die Hauptrunde beendet, jetzt müssen die Krefelder wohl ober übel in die Play Off Runde. Und das stellt, wie schon berichtet, praktisch ein komplettes Wiederholungsprogramm der Hauptrunde dar. Allerdings nur gegen die drei stärksten Mannschaften. Wo man als Krefelder grade froh war, diese Konkurrenz hinter sich gelassen zu haben. Statt jetzt gegen die Gruppe Westfalen antreten zu dürfen werden die Kämpfe der Gruppe Rheinland „wiedergekäut“. Das bedeutet vorprogrammierte Langeweile.

Ich habe bei dem Ringerverband nachgefragt, was sie sich hierbei gedacht haben. Hierauf teilt mir der Redakteur des Verbandes, Carsten Schäfer, mit, das die beiden Gruppen Rheinland und Westfalen erst bei den „Final Six“ aufeinandertreffen sollen.
Na super, ein Kampfabend mit drei Finalkämpfen der Bezirks-, Landes- und Oberliga an einem Abend an einem einem Ort (das bedeuten die „Final Six“) soll der Höhepunkt der Saison sein. Dafür müssen sich die Mannschaften in den Play Offs sechs Kampfabende durch gähnend langweilige Wiederholungskämpfe quälen.
Als wenn es das Ringen nicht schon schwer genug hätte in Bezug auf die Popularität. Das ist die denkbar schlechteste Werbung für diese Randsportart, die in NRW sowieso schon ein Schattendasein fristet.

Doch grade in Krefeld konnte in den letzten Jahren eine kleine aber feine Fangemeinde heranwachsen. Die Halle ist fast jedes Wochenende auf der Steinstrasse voll. Wird das Publikum hierdurch vergrault? Wir hoffen es nicht!