14.9.2019 Krefeld gegen Walheim 21:16 Sensationeller Nervenkrieg mit Happy End

Endlich, es geht doch! Die Germanen und der KFC können also doch noch gewinnen. Und wie. Nach einer Berg -und Talfahrt der Emotionen können die Krefelder nach einer enormen Energieleistung die Begegnung dann doch noch für sich entscheiden. Und es blieb bis zum letzten Kampf eng. Eine spannende Begegnung bis in die letzte Sekunde. Und dann auch noch mit Happy End. Das will der Zuschauer sehen, das war Dramaturgie vom feinsten. Denn nach der völlig unglücklichen technischen Unterlegenheit vom ansonsten deutlich überlegenen Alexander Wagner hatte man eigentlich keine Hoffnung mehr für die Krefelder Mannschaft. Doch die darauf folgenden Krefelder Ringer konnten den Kampf dann doch noch unerwartet drehen. Das war erste Sahne.

Und nun die Entscheidungen im Einzelnen: Im Leichtgewicht verliert Malik Magomadov und Nigel Weber im Schwergewicht nach Punkten. Man hatte sich hier vielleicht ein wenig mehr erhofft, aber immerhin gab es keine Schulterniederlagen oder technische Unterlegenheiten, daher hält sich der Schaden in Grenzen. Zumal der Krefelder Emil Gozalov in der 61 Kiloklasse gegen Naweed Sayed den Kampf technisch Überlegen für sich entscheidet. Das ist aber egal, weil der Walheimer Übergewicht hat gibt es mit fünf Punkten die Höchstwertung für Krefeld. Es steht jetzt 5:6 für Walheim, also alles noch im grünen Bereich für Krefeld.

Dann kommt die 98 Kilo Klasse mit dem zuverlässigen Alexander Wagner. Gegen den Aachener Marco Kreutz scheint es eine klare Sache zu werden: Bereits in der ersten Minute attackiert der Walheimer das Bein von Alex. Wagner kontert mit eine schulmäßigen Schleuder seinen Gegner in die gefährliche Lage: Jetzt wird das Publikum wach, alle springen auf und wollen ihn sehen: Den Schultersieg, den Alex jetzt in der Hand hat! Doch sein Gegner ist elastisch wie Gummi, er dreht sich raus. Aber Alex hält noch den Arm seines Gegners und dreht ihn zurück: Wird es ihm jetzt gelingen? Alles Brüllen und anfeuern nützt nichts, Kreutz kommt wieder raus. Schade schade, aber dann wird wohl Alex eben nach Punkten gewinnen. Denken wir. Zumal Alex noch weiter Punkte holt. Aber Kreutz ist kein Fallobst, im Gegenteil, er macht Alex zusehend das Leben beziehungsweise, den Kampf schwer und punktet bei seinen Beinangriffen ebenfalls. In der zweiten Halbzeit führt der Walheimer sogar schon 5:9 als Alex ihn wieder mit seiner unnachahmlichen Schleuder von der Matte direkt auf die Schultern fegt. Schon wieder schnellen unsere Zuschauerherzen auf 180 Puls hoch weil hier ein Schultersieg aussteht. Doch der Aachener Gummimann tut uns wieder nicht den Gefallen. Kann der nicht mal nett sein und uns den Sieg schenken? Wir wollen endlich mal hier mit der Mannschaft gewinnen!

Kreutz ist heute gar nicht nett zu uns und befreit sich aus der gefährlichen Lage. Und in der fünften Minute, es steht noch Unentschieden 9:9 in diesem Kampf, erkämpft der Aachener die Hintermannposition und packt die Beinschraube bei Alex. Egal, denke ich mir, den wehrt Alex schon ab. Von wegen, Kreutz hat gut gepackt und kann Alex drehen. Ok, das sind nur zwei Punkte, Alex wird hier sicher noch was einfallen. Doch Kreutz hat verdammt gut gegriffen und dreht nochmal. Und nochmal Und nochmal. Ich kann gar nicht hinsehen wie jetzt hier Alex vorgeführt wird. Er ist total ausgepumpt, sein Widerstand ist gebrochen. Und jetzt passiert das Desaster, Alex verliert seinen Kampf schlussendlich technisch unterlegen! Ich schreie meinen Frust in den nebenliegenden Geräteraum, um niemanden einen Hörsturz anzutun. Das tut weh, jetzt steht es 5:10 für Walheim, ja das gibt wieder eine saftige Niederlage heute, das können wir nicht mehr aufholen heute, verdammt verdammt!

Jetzt erst mal durchatmen, auf ein Wunder hoffen und sich erst mal den nächsten Kampf in der 66 Kilo Klasse ansehen. Schließlich ist Polen noch nicht verloren. Jetzt kämpft Mert-Fatih Simsek gegen Kemran Nihatov Nazifov für Walheim. Und jetzt passiert dieses erste kleine Wunder: Mert wächst über sich heraus und erkämpft mit Beinangriffen einen Punkt nach dem anderen. Kann er das durchstehen, geht er eventuell auch nicht zu hohes Risiko und letztendlich sogar noch auf Schulter? Wir zittern uns fünf Minuten durch diesen Kampf in dem Mert alles richtig macht und: Er gewinnt tatsächlich technisch überlegen, damit hätten wir hier überhaupt nicht gerechnet!

Na bitte es geht doch noch, vor der Pause steht es jetzt nur noch 9:10, jetzt haben wir unsere Hoffnung wiedergefunden, Puh.

Nach der Pause geht es weiter in der 86 Kiloklasse mit Jure Cubelic für Krefeld gegen Wolfgang Hellebrandt. Wer ist Jure Cubelic werden sich wohl einige Krefelder fragen? Jure ist eigentlich Anfänger im Ringen, er betreibt diese Sportart erst seit ungefähr zwei Jahren. Er kommt vom Judo. Und er hat Talent ohne Ende. Aber er ist ein Wackelkandidat, weil er unerfahren ist. Und weil er Griffe aus allen unerdenklichen Positionen riskiert.

Heute zieht er gleich in der ersten Minute eine sehr riskante Suplex. Mir bleibt das Herz fast stehen, denn dieser Griff ist, wie gesagt, sehr riskant und kann gut abgefangen werden. Und Jure hat nicht besonders eng die Arme gegriffen. Aber er hat auch Kraft wie ein Bär und es reicht: Er befördert seinen Gegner in die gefährliche Lage. Jetzt springen alle in der Halle auf und wollen die Sensation sehen. Und brüllen aus vollen Lungen: Wird es diesmal ein Schultersieg? Wird es, das Publikum fällt sich jubelnd in die Arme! Jemand merkt an, er hätte lieber noch mehr von diesem Kampf gesehen. Ich meine, Hauptsache fünf Punkte sicher, so schnell es geht. Mehr Nervenkrieg muss nicht sein.

Nach diesem Kampf führt Krefeld erstmals 14:10! Ja, jetzt ist erst mal die Welt wieder in Ordnung, bloß sicher ist hier heute gar nichts.

In der 71 Klo Klasse macht Amer Bolakhrif heute einen ganz starken Kampf. Gegen Yaschar Jamali-Esmaeili-Kandi sieht er stark aus, lässt ihn passiv aussehen und geht sogar mit 5:1 in Führung. Nur weil der Walheimer in der Bodenlage Amer mehrfach hintereinander durchdrehen kann, verliert der Krefelder knapp 5:9 nach Punkten. Das bedeuten zwei Punkte für Walheim, Krefeld führt immer noch mit 14:12.

Erst als dann Vitali Jeschke gegen den Bundesligaringer Maximilian Otto in der 80 Kiloklasse technisch Unterlegen verliert liegen jetzt die Walheimer wieder mit 14:16 vorne. Puh, das wird knapp, es liegen jetzt noch zwei Kämpfe in der 75 Kilo Klasse vor uns.

Und hier hat im Freistil Ben Haeffner mit Ibragim Veliyev einen ganz harten Brocken als Gegner. Man sieht es dem Walheimer schon an das er Profi ist, seine Blumenkohlohren liegen in voller Blüte und er hat einen Körper wie ein durchtrainierter Schrank. Er wurde wahrscheinlich extra für diesen Kampf gegen Germania Krefeld aus der Bundesliga Kiste ausgekramt und reaktiviert. Denn nach zwei Niederlagen wollen die Walheimer diesmal unbedingt wieder gewinnen. Und in dem Kampf sieht es tatsächlich erst sehr schlecht aus für Ben. Ben greift munter die Beine an, genauso wie wir es von ihm kennen. Jetzt klammert Veliyev den Kopf von Ben und dreht in um seine Achse. Das ist eng und präzise, hier sieht man gleich die Klasse des Walheimers. Oh, das wird schwierig für unseren jungen Athleten. Und egal was Ben versucht, Veliyev kontert und macht die Punkte. In der zweiten Minute schickt er Ben sogar in die gefährliche Lage: Aber Ben windet sich nochmals knapp raus, puh, das hat Kraft gekostet. Jetzt steht es schon 0:10 für den Walheimer, das sieht klar nach einer technischen Niederlage für den Krefelder aus. Wenn nicht noch ein Wunder passiert. Und dann, kurz vor der Pause, deutet es sich schon an, jetzt kann Ben den Kampf zu seinen Gunsten wenden, er macht die erste zwei, indem er bei einem Beinangriff Hintermann wird. Nach der Pause haben wir unser Wunder: Ben dreht jetzt richtig auf. Und wie, er wirft seinen Gegner mit einem Doppelbeinangriff in die gefährliche Lage! Jetzt hält es keinen mehr auf den Sitzen, man sieht, wie der junge Nachwuchsathlet das Ruder in die Hand nimmt und seinen Frust an seinem Gegner auslässt. Jetzt punktet nur noch Ben und die Halle kocht. Das will das Publikum sehen. Die Rollen haben sich komplett gewandelt, das Opfer wird zum Täter. Auf der Anzeigetafel sieht man jetzt fast nur noch rote Punkte. Auch wenn Veliyev hin und wieder ein paar Zweierwertungen holt, es ist nur ein letztes Aufmucken. In der zweiten Halbzeit holt Ben sage und schreibe 25 Punkte, die Anzeigetafel rattert wie ein bei einem Flipperautomat, das Kampfgericht kommt kaum mehr nach mit dem Eintragen der Punkte. Das gefällt natürlich den Zuschauern, jede Wertung wird wild gefeiert. Und punktgenau auf die letzte Sekunde schafft Ben mit 29:14 die technische Überlegenheit, die Sensation, an die man nach den ersten Minuten des Kampfes im Leben nicht mit gerechnet hätte!

Es führt jetzt wieder Krefeld mit 18:16 und es steht nur noch der letzte 75 Kilo Kampf im Griechisch Römisch bevor. Krefeld hat zwar zwei Punkte Vorsprung. Das bedeutet, es ist auf jeden Fall noch alles offen in diesem letzten entscheidenden Kampf. Jakub Marchlewski tritt für Krefeld gegen Marcel Graf an. Der Krefelder ist gehandikapt, er hat grade eine Lungenentzündung überstanden. Und er ist drei Kilo leichter als sein Gegner. Also keine guten Voraussetzungen. Doch Jakub gibt den Ton an auf der Matte und macht die Punkte. Sorge bereitet mir ein wenig, wie er sich in der Bodenlage verausgabt. Hier versucht er mehrfach, seinen schwereren Gegner auszuheben und zu werfen. Das kostet verdammt viel Kraft und er schafft es nicht, hierbei zu punkten. Und kurz vor der Pause schafft es der Walheimer, Jakub zu schleudern. Doch wie ein echter Profi besiegt Jakub seinen Gegner letztendlich 13:4 deutlich nach Punkten. Das war es, Krefeld hat heute tatsächlich in diesem packenden Krimi Wahlheim geschlagen.